Die Situation: Bordeaux rodet, das Weinland Deutschland befindet sich in einer extremen Krise, Italien nimmt die Qualitätsreduktion auf 30 Tonnen pro Hektar per Dekreten wieder auf 50 Tonnen zurück, der „chemisch-technische“ Wein der neuen Weinwelt expandiert.
Der Standort des Weinlandes Österreich bleibt natürlich auch nicht unberührt von großen Veränderungen, ist aber in seinen Grundzügen stabil – und sogar expansionsfähig!
Das liegt an unseren klein strukturierten Betrieben mit fähigen Winzerinnen und Winzern. Heimische Giganten (wie Baumgartner mit 200 Hektar) sind international nicht einmal Zwerge. Die zehn- bis 50-Hektar-Betriebe dominieren; deshalb haben wir im Verhältnis ein Übermaß an fähigen Betriebsführern. Zirka 2500 „Einzelkämpfer“, die ihre Märkte ausbauen und von denen fast jeder einen Export für sich aufbauen konnte. Vereinfacht formuliert, aber im Grunde richtig: 2500 Vertreter des österreichischen Weines sind täglich mehrfach – von regional bis international – aktiv tätig in dem sie das Produkt ‚Österreichischer Wein‘ verkaufen!
Diese Truppe ist einzigartig in Europa – denn üblich sind Großbetriebe und Genossenschaften, respektive genossenschaftsähnliche Strukturen mit Verkaufsabteilungen.
Vereinfacht dargestellt: Ein Betrieb, der von 700 Hektar Weingärten beliefert wird, hat zwei oder drei Vertriebler und eine Homepage; „wir“ haben in diesem Größenvergleich mindestens 40 Homepages und 40 Personen, die direkt am Markt aktiv sind – eine einzigartige Stärke!
Diese Realität hat bei uns noch keiner erkannt – dass die Kraft nicht in der Politik, den Kammern, oder der ÖWM liegt – sondern aus den individuellen Wegen vieler Einzelner entspringt, die ununterbrochen am Markt für ihre Weine kämpfen.
Diesem ‚Rückgrat‘ des österreichischen Weines wird das Leben durch eine ausufernde, nicht koordinierte Verwaltung extrem erschwert. Hier zu vereinfachen und die Möglichkeiten der IT-Welt zu nützen wäre das Gebot der Stunde! Bei einem zehn Hektar großen Betrieb gehen zehn Prozent der Zeit für Verwaltung auf – wertvolle Zeit, die in Verkauf und/oder Vinifizierung fehlen!
Im Grunde müsste völlig neu überdacht werden: Dienen die über 10 Mio. Euro der ÖWM den Winzerinnen und Winzern, der Weinwirtschaft insgesamt? Wenn ja, in welcher Form? In direkten Gesprächen zeigte sich, dass fast alle ihren Vertrieb und Export aus sich heraus entwickelten. Die von der ÖWM übermittelten Exportdaten für 231 Millionen Euro wären zu evaluieren, um den Anteil der ÖWM an diesem Erfolg transparent zu gestalten.
Das könnte die Grundlage für ein ganz anderes Fördersystem darstellen; ca. 5000 Betriebe kämpfen um den Markt – im Grunde werben 3500 Homepages für unsere Weine, die in Summe durch die Dichte womöglich effizienter sind als Werbemaßnahmen der ÖWM. In der Theorie (und von der Effizienz her) müsste das also gefördert werden!
In Summe: „Wir“ sind ganz gut drauf! Einfach ist die Situation nicht, aber mit allen (zumeist hausgemachten) Hürden bewältigbar.