Du betrachtest gerade Die Austro Vin – Eine kritische – aber der Realität angepasste Sicht.

Gut, dass wir eine Technik-Wein-Messe vom 1. bis 3. Februar in Tulln haben, die das bisherige Messesterben überlebt hat! Allerdings ist die Zukunft in dieser bisherigen Form extrem trübe. Das radikale Absterben der Weinbaubetriebe führte zu nunmehr 3800 verbliebenen Betrieben; wovon vermutlich weitere 20% in den nächsten zwei Jahren schließen werden – dies ergab eine Erhebung. Für die Aussteller reduzierte sich damit das Kundenpotential seit 1988 von knapp 7400 Betrieben auf fast die Hälfte. Ebenso veränderten sich die Wege für Investitionen grundlegend: Das Internet bietet heute eine umfassende Vorab-Informationsstruktur, die gerne genutzt wird.

Im Grunde geht es für die Besucher heute nicht mehr darum, absolute Innovationen zu finden die dem Betrieb dienen, sondern vielmehr um die letzte Bestätigung einer Entscheidung. Den spontanen/zufälligen Messekauf gibt es schon lange nicht mehr. Für die Aussteller ist aber der Aufwand extrem: Nicht nur die direkten Messekosten (die sind vergleichsweise unerheblich) – es sind vor allem der Transport, der Aufbau und die Kosten der Mitarbeiter vor Ort die den wirtschaftlichen Rahmen bestimmen. 

Industrie und Fachhandel tun sich in diesem – sich dramatisch verkleinernden – Kundensegment wesentlich schwerer. Der Kostendruck der Unternehmen verbunden mit dem veränderten Marktbild und Usus stellen viele Ausstellungen in Frage. Diese Entwicklung ist nichts Neues: Die Simei ist nur noch ein Schatten dessen was sie einmal war, das Sterben der einst so großen Intervitis (die sogar nach Wien expandierte) sind nur zwei Beispiele.

Die oberflächliche Argumentation „…dann müssen sie halt billiger werden!“ geht sich nicht aus, denn die meisten Fachmessen bewegen sich aufgrund der oben beschriebenen Entwicklung ohnehin schon am Rande der Wirtschaftlichkeit.

Tulln 2025 hat noch den Overflow des langjährigen Corona Prozesses: Die Tatsache dass es überhaupt wieder Messen gibt freut fast alle, denn man kann sich wieder mit direkten Kontakten, auch mit den Kollegen, treffen. Nur: das ist auf Sicht zu wenig. Die Chance wäre, ein österreichisches Weinforum aufzubauen. Bisher waren die Fachvorträge eher zum Fremdschämen, hochkarätige Fachleute standen zumeist auf einsamer Spur. Die Messe hätte aber alle Voraussetzungen für ein Forum, das mit internationalen Experten viele Fragen aufarbeiten könnte. Natürlich gehört Mut dazu in brennende Themen zu gehen und nicht die politische Gefälligkeit die Tulln bisher auszeichnete. 

Gerade jetzt, in der Zeit des größten Umbruchs seit 1945, sind internationalesWissen und Beispiele, wie die Zukunft gemeistert werden kann existenzsichernd. Z.B.: Wie schaffte es das Friaul mit 22000 Hektar (im Wettbewerb mit über 700000 Hektar Weingärten in Italien), dass sogar die günstigsten Weine zur Eigenabfüllung für die Gastronomie in 70 Liter Ballons von €2,20 aufwärts gekauft werden? Warum liegt ein durchschnittlich guter Wein preislich fast überall bei 20€? Ein Winzersterben wie bei uns ist dort unbekannt. Wo liegen also jene Probleme, die die wirtschaftliche Zukunft unseres Weinbaues zerstören – und wie kann man sie angehen? 

Ein offenes, unpolitisches, übergreifendes Forum wäre einerseits Magnet für die Besucher und andererseits im Interesse der Aussteller, die von einer gemeinsamen Zukunft abhängig sind. Es wäre schade, die Messe zu verlieren – ein attraktives Forum von Wert könnte ein Gamechanger sein der allen dient. Ob die Messeleitung das erkennt bleibt dahingestellt. Denn in den letzten Jahren war der Bereich des fachlichen Austausches wenig durchdacht; Fachvorträge wurden „halt auch gemacht“, lieblos, als nebensächliches Beiwerk – und verhallten; hier ist es aber nicht an der Qualität gescheitert sondern an der Organisation!